“Africa is not for sissies!”

Auras, sandra und rené 2024
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Sandra und ich luden einmal Freunde zu einem Konzert in Kirstenbosch Gardens, dem botanischen Garten Kapstadts, ein. Dort lief der Song „Africa is not for sissies“, übersetzt etwa: „Afrika ist nichts für ‚Weicheier‘“. 

Mancher stellt sich Afrika als fast lebensfeindlichen Kontinent vor, schließlich zeigen die Medien immer wieder Bilder von Hungersnöten, Bürgerkrieg oder Wirtschaftsflüchtlingen. Gilt das auch für Südafrika, einem der beliebtesten Reiseziele der Deutschen, dem Land der Safaris und des ‚guten Lebens‘ schlechthin? 

Zwar fehlt es immer wieder mal an etwas, sei es Wasser, Treibstoff, Gas und auch Strom. Doch das Leben geht immer weiter – und das mit viel Humor. Solch ein Mangel, den wir in Deutschland vielleicht nur ansatzweise kennen, macht das Leben zwar beschwerlich, ist aber auszuhalten. Vor allem, wenn man ausreichend Geld hat. 

Schwieriger wird es mit der hohen Kriminalitätsrate, die sich selbst durch Stromzäune und Sicherheitsdienste nicht leicht ausblenden lässt. Ebenfalls schwierig ist der systemverankerte Mangel an Hoffnung und Perspektive in den Townships. Dennoch erleben wir gerade hier tiefere Gastfreundschaft, Freundschaft und Gemeinschaft als in vielen anderen Gegenden. 

Wir leben und arbeiten in Manenberg, einem der meist-gefürchteten Townships des Landes. Dennoch ist dies zu unserem Zuhause geworden, an dem wir uns am richtigen Platz und – zumeist – auch wohlfühlen. Hier ist auch unsere Kirchengemeinde ansässig, in der wir uns geliebt und geschätzt fühlen und geistliche Heimat gefunden haben.  

Südafrika ist ein Land der Gegensätze, zwischen Arm und Reich, schwer und schön, hart und weich, herz-zerreißend und zugleich herz-erwärmend. Morgens beim Schul-Drop-off sehen wir Eltern in Land Rover, Porsche und Ferraris, Kinder mit eigenem Fahrer und dem neusten iPhone, die am Wochenende per Privatflugzeug auf die familieneigene Farm im Nachbarland fliegen. In Manenberg, nur ein paar Kilometer weiter, halten wir noch vor dem Mittagessen eine Frau in den Armen, deren Ehemann vor zwei Stunden vor ihren Augen erschossen wurde, während ihr minderjähriger Sohn mit dem Tode bedroht wurde und sie um sein Leben flehen musste – in dem Wissen, dass es keine Gerechtigkeit geben wird. Das ist eine Spannung, in der wir immer wieder leben müssen. 

“Vor allem aber behüte dein Herz, denn dein Herz beeinflusst dein ganzes Leben” (Sprüche 4,23). 

Wie schützen wir unser Herz, dass es nicht zerbricht, aber ohne dass es verhärtet, sondern mitfühlend und weich bleibt? 

Durch die Liebe Gottes, ausgelebt durch andere Menschen, fühle ich mich frei, gesehen, wertgeschätzt, geliebt, und kann mein Herz, Verletzungen zum Trotz, wieder öffnen und diese Liebe weitergeben. 

Vielleicht ist Afrika tatsächlich nichts für sissies, aber ich bin dankbar, hier zu sein. Dankbar, dass wir nicht immer hart oder stark sein müssen, sondern schwach und verletzbar sein und dabei Gottes Stärke, Frieden und Freude erleben und weitergeben dürfen. 

René Auras